Die Studienordnung sieht den Besuch je eines Wahlpflichtfachs im ersten und im zweiten Studienabschnitt vor, wobei das Wahlpflichtfach im ersten Studienabschnitt drei Semesterwochen umfasst, das Wahlpflichtfach im zweiten Studienabschnitt zwei Semesterwochenstunden.
Mit dem Besuch dieser Lehrveranstaltungen kann der benotete Schein für das Wahlpflichtfach erworben werden. Voraussetzung für den Scheinerwerb ist die regelmäßige aktive Teilnahme unter Berücksichtigung der maximalen Fehlzeiten entsprechend der Studienordnung. Die weiteren Anforderungen können von Kurs zu Kurs unterschiedlich sein und finden sich auf den Seiten zu den einzelnen Seminaren.
Einschreibung
Die Einschreibung erfolgt über StudOn. Bitte beachten Sie bei den Wahlfächern, die für mehrere Semester angeboten werden, dass Sie zur Einschreibung den korrekten Studienabschnitt auswählen müssen, in dem das Fach angeboten wird.
Wahlpflichtfächer:
In (fast) allen menschlichen Kulturen, Religionen und Gesellschaftsformen gelten besondere Regeln für den Umgang mit Leichen. Ausgerechnet die – stets päpstlich approbierten – Universitäten des christlichen europäischen Mittelalters eröffneten den Medizinischen Fakultäten den Weg, regelmäßig an menschlichen Leichnamen zu forschen und zu lehren. Im 19. Jahrhundert nahm diese Form der Wissensgewinnung stark zu, als neben der Medizin auch an Evolutionstheorien und Rassenlehren interessierte Fächer wie Anthropologie und Kriminologie begannen, ihre Hypothesen an und mit menschlichen Überresten zu entwickeln. Dazu legten sie Schädelsammlungen, Haarproben und Feuchtpräparate an, die teils bis heute in den großen Sammlungen nicht nur anatomischer und pathologischer sondern auch ethnologischer Institute sowie anthropologisch-völkerkundlicher Museen liegen.
Die Herkunft dieser menschlichen Überreste ist in den letzten Jahren zunehmend in die jeweils fachinterne, aber auch öffentliche Debatte gekommen; gleichzeitig wird selbstverständlich auch heute mit menschlichen Überresten gelehrt und geforscht. Unter welchen Bedingungen darf sich ein forschender und lehrender Zugriff an sterblichen Überresten handgreiflich zu schaffen machen, um das Wunder des Lebens zu ergründen? Welche Rolle spielt die Herkunft und „Beschaffung“ der Präparate? In welcher Weise haben sich die Antworten auf die damit verbundenen Fragen mit den wissenschaftlich-methodischen, aber auch religiösen und politischen Überzeugungen im Laufe der Geschichte gewandelt?
Das Seminar geht von der Geschichte der Anatomie an der 1743 gegründeten Erlanger Fakultät aus, will aber weitere Kreise erschließen. Jeder Sitzung liegt von allen Teilnehmenden zu lesender Text zugrunde. Die einzelnen Sitzungen werden anhand weitergehender Texte mit Kurzreferaten eingeleitet, die von zwei oder drei Studierenden gemeinsam vorbereitet werden. Auf dieser Grundlage soll in die Thematik eingeführt und anschließend die Diskussion geleitet werden.
Voraussetzung des Scheinerwerbs ist die regelmäßige Teilnahme an den Präsenzsitzungen, die Übernahme einer Stundenvorbereitung und die interessierte Teilnahme an der Seminardiskussion.
Es ist bekannt, dass sich die Symptome bei einem Herzinfarkt je nach Geschlecht unterscheiden. Doch nicht nur Frauen werden von der aktuellen Medizin benachteiligt. Denn auch bei psychischen Erkrankungen wie z.B. Depressionen hat das Geschlecht entscheidenden Einfluss auf das Symptom-Spektrum. In Deutschland begehen Männer 3x häufiger Suizid und psychische Erkrankungen werden bei ihnen häufig nicht erkannt.
Wie schaffen wir es, die Symptome von allen Geschlechtern in unserer Anamnese spezifischer abzufragen um keinen Herzinfarkt oder eine psychische Erkrankungen zu verpassen, unabhängig vom Geschlecht? Wie sinnvoll ist es, dem 100kg schweren jungen Mann und der 48kg leichten Seniorin die gleiche Medikamentendosis zu verpassen? Die Orientierung der bestehenden Normwerte am 70kg wiegenden „Durchschnittsmann“ muss diskutiert werden.
In 10 wöchentlichen Sitzungen beschäftigen wir uns mit vielfältigen Genderthemen. Es wird Diskussionsrunden, kleine Arbeitsaufträge und spannende Vorträge von Gastdozierenden geben. Allen Stunden gemein ist die Vorbereitung mit einem kurzen Text zum jeweiligen Thema der Stunde, der im Vorhinein gelesen werden soll und in der Stunde vertieft wird.
Als Leistungsnachweis wird jede/r von Euch ein Protokoll zu einer Sitzung schreiben. Außerdem achten wir darauf, dass sich die Sitzungen des Wahlpflichtfachs nicht mit eurer Klausurenphase überschneiden.
Wir sind der Meinung, dass die Gendermedizin dringend Einzug in unser Curriculum finden muss, deshalb sind alle Studierende aus Vorklinik und Klinik bei uns herzlich willkommen.
Wir freuen uns auf Euch!
AG Gendermedizin
In diesem Seminar wollen wir uns mit den Ursprüngen von rassistischen und kolonialen Gedankenguts in der heutigen Medizin anhand von Briefen und Tagebüchern von Emigrant*innen nach Brasilien im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts beschäftigen. Welche medizinischen Vorstellungen hatten Menschen aus Europa vom Leben in Südamerika? Welche medizinischen Kenntnisse besaßen sie und wie sind sie mit neuen, unbekannten Krankheiten und gesundheitlichen Gefahren, z. B. Giftschlangen, umgegangen? Wie war die medizinische Versorgung in der „neuen Welt“ organisiert? Gab es einen Wissenstransfer zwischen Indigenen, Afro-Brasilianern und Europäern? Welche Auswirkungen hatte die Verbindung von indigenen, afro-brasilianischen und europäischen Menschen auf deren Gesundheitsstrategien?
Geschichte ist im Studienalltag immer gegenwärtig: Gerade hörte man noch Vorlesungen im Rudolf-Wöhrl-Hörsaal in der Stadtmauerstraße, dann soll nach öffentlicher Kontroverse der Namen geändert werden. Dann geht es in den Hörsaal Ulmenweg, wo einem die Porträits vergangener Klinikdirektoren über die Schulter schauen. Und anstatt sich danach auf dem davor gelegenen Herr-Lorz-Platz erholen zu können, wird man durch den Lärm vom Abbruch der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt (HuPflA) gestört, wo nun ein Gedenkort an die Opfer der NS-Euthanasie entstehen soll. Schließlich kommt man noch auf dem Nachhauseweg ins Rommel-Wohnheim in der Krankenhausstraße am Jakob-Herz-Denkmal vorbei. Solche Hinweise auf die Vergangenheit der Erlanger Medizin sind häufig zufällig, aber werden auch aktiv im Sinne einer „Gedenkkultur“ gesteuert: Nach welchen Personen werden Hörsäle benannt? Welche Ereignisse der Vergangenheit werden durch ein Denkmal oder gar einen Gedenkort lebendig gehalten? Welche nicht, und wer entscheidet darüber? Was sagt die Erinnerungspflege über unsere Fakultät aus und wie können wir sie beeinflussen?
Im Seminar wollen wir gemeinsam auf die Suche gehen nach solchen alltäglichen Orten mit bewusstem und unbewusstem Vergangenheitsbezug und deren Hintergrund erforschen. Auf diese Weise werden Sie den Studienort Erlangen in seiner Geschichte näher kennenlernen, aber auch darüber nachdenken, wie genau Erinnerung und explizite Gedenkkultur funktioniert. Außerdem wollen wir selbst kreativ werden und eigene Alternativen zu einem Stück Vergangenheitspflege entwerfen.
Gegenstand des Seminars sind die Objekte der Medizinischen Sammlung, die gleichsam abgelegten Kleider der Erlanger Universitätsmedizin: Welche Apparaturen, Instrumente und Modelle kamen hier zum Einsatz? Welche Bedeutung haben Dinge, die einst nützlich und hilfreich in Patientenversorgung, Forschung und Lehre waren? Auf welche Praktiken und Techniken, auf welche Annahmen und Wissensformationen Menschen verweisen sie?
Die Erlanger Universitätsmedizin hat im Laufe der Jahrzehnte eine bemerkenswerte Sachüberlieferung hinterlassen, die in der Medizinischen Sammlung bewahrt wird. Ausgesuchte Objekte aus der Medizinischen Sammlung stehen im Mittelpunkt dieses Projektseminars. Das Seminar möchte versuchen, „Lesarten“ der Geschichte in den Dingen zu entdecken.
Jede/r Teilnehmer:in soll über das Semester ein Objekt erkunden, gemeinsam wird beraten, welche Fragen und welche Recherchewege erfolgversprechend sind: Wozu und von wem wurde es benutzt, und warum wird es heute nicht mehr gebraucht? Wer hat das Objekt hergestellt, welche Materialien kamen zum Einsatz und was mag es gekostet haben? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Menschen und seine Gesundheit verbergen sich in dem Objekt und wie unterscheidet sich dieser Wissensstand von älteren und dem heutigen? Auf diesem Wege begibt sich das Seminar auf eine dreidimensionale Spurensuche nach Erlanger Medizin- und Wissenschaftsgeschichten.
Weitere Informationen finden Sie auf Campo.
Das Phänomen des Traums beschäftigte in der Antike (Natur-)Philosophen, Mediziner, Geschichtsschreiber und Dichter. Anders als in der Neuzeit, in der Träume (seit Sigmund Freud) als „Königsweg“ zum Unbewußten gelten, sah man in der Antike den Wert der Träume für Gegenwart und Zukunft. Für die Mantik (Weissagung) lieferten Träume wichtiges Material, dem sich berufsmäßige Traumdeuter widmeten. Von den zahlreichen Traumbüchern ist dasjenige des Artemidor v. Daldis (2. Jh. n. Chr.) erhalten geblieben. Das Seminar versucht, die antike Klassifikation der Träume und die Theorien über ihren Ursprung (Götter, Dämonen, physiologische Vorgänge) herauszuarbeiten. Ein Schwerpunkt wird auf der medizinischen Seite der Traumdeutung liegen, wie sie sich in der hippokratischen Medizin darbietet; weiterhin wird die Praxis der Inkubation mit ihren rituellen Träumen in den Heiligtümern des Asklepios betrachtet.